Saugglocke: Schmerzen und Verspannungen mit Unterdruck reduzieren
Eine Saugglocke bezeichnet ein kugelförmiges Glas mit kreisrunder Öffnung. Da die Form des Glases, welches einen Durchmesser von drei bis sechs Zentimeter besitzt, an eine Glocke erinnert, erklärt sich der Begriff ‚Saugglocke‘.
Diese speziellen Gläser werden an bestimmten Punkten auf die Haut gelegt, per Unterdruck – auf Basis von Erhitzen oder Absaugen von Luft im Inneren der Gläser – fixiert, und sollen eine verhärtete Muskulatur lockern. Das zugrundeliegende Verfahren nennt sich Schröpfen (unspezifische Reiztherapie), bzw. Cupping (Englisch), und ist bereits seit Tausenden von Jahren bekannt. (1)
Herkunft und Geschichte
Schröpfen ist eine Heilmethode, deren Ursprünge mehr als 5000 Jahre zurückreichen und sich in verschiedenen Kulturen und geografischen Regionen findet – darunter China, Griechenland und in der islamischen Welt. Das Schröpfverfahren hat im Laufe der Jahrtausende unterschiedliche theoretische Grundlagen und Anwendungen erfahren.
Frühe Anwendungen in Mesopotamien und im alten Griechenland
Die Geschichte des Schröpfens lässt sich bis zu rund 5300 Jahren zurückverfolgen, als diese Therapieform bereits im antiken Mesopotamien angewendet wurde. Im alten Griechenland genoss das Schröpfen eine bemerkenswerte Beliebtheit und Anerkennung. Schröpfgläser wurden sogar als Symbol für die ärztliche Kunst verwendet. Die Menschen in diesen Kulturen erklärten die Wirkung des Schröpfens im Kontext der sogenannten Säftelehre. Durch das Anlegen von Schröpfgläsern sollte das gestörte Gleichgewicht der Körperflüssigkeiten wiederhergestellt werden.
Chinesische Medizin und alternative Theorien
In China wurde das Schröpfen bereits vor mehr als 5000 Jahren praktiziert und ist bis heute Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Hier basierte die theoretische Grundlage auf der Annahme einer Stagnation von Blut und Qi im Körper. In anderen Kulturen, einschließlich indigener Völker mit schamanistischen Traditionen, existieren ähnliche Krankheitstheorien. Die Schamanen praktizieren das „Aussaugen“ von bösen Geistern als Teil ihrer Heilungsrituale.
Entwicklung im europäischen Kontext und im Mittelalter
Das Schröpfen mit Schröpfköpfen wurde bereits im klassischen Altertum von griechischen und ägyptischen Ärzten praktiziert. Dabei diente die Humoralpathologie, die Krankheitslehre von den Körpersäften, als theoretische Grundlage. Im Mittelalter setzte sich diese Tradition fort, wobei Schröpfköpfe zur Verminderung der Blutmenge eingesetzt wurden. Der persische Arzt Avicenna empfahl sogar, das Schröpfen bei Vollmond durchzuführen, da der Mond feuchte Bereiche anzieht.
Ritzen der Haut und Schröpfschnepper im 15. Jahrhundert
Ab dem 15. Jahrhundert kamen zum Schröpfen auch Schröpfschnepper zum Einsatz, um die Haut zu ritzen. Diese Praxis war Teil der schröpfenden Therapie und wurde in Persien und Europa weitergeführt. (1), (2), (3), (4), (5)
Die Grundlagen einer Saugglocke
Die Saugglocke ist das zentrale Instrument beim Schröpfen. Moderne Saugglocken können aus unterschiedlichen Materialien wie Silikon bestehen.
Beim Schröpfen werden Schröpfgläser oder Schröpfköpfe – Saugglocken aus Glas – auf die Haut gesetzt, um einen Unterdruck zu erzeugen. Dieser Unterdruck wird traditionell durch das Erhitzen der Luft im Schröpfkopf mittels eines in Alkohol getränkten Wattebauschs oder Baumwollstoffs erreicht. Alternativ kann auch eine Absaugvorrichtung im Schröpfglas verwendet werden.
Die Platzierung der Schröpfstellen orientiert sich am Tastbefund und erfolgt im Bereich von muskulären Verhärtungen, den sogenannten Myogelosen. Durch den kutiviszeralen Reflex sollen dabei innere Organe beeinflusst werden, basierend auf der Zuordnung der Organe zu den Hautstellen nach den Head-Zonen.
Das Schröpfen führt lokal zu einem Extravasat und infolgedessen zu einem Hämatom. Blutiges Schröpfen wird angewendet, um einen lokalen Blutverlust zu bewirken und dadurch eine vermeintliche „Entschlackung“ zu fördern.
Die Cups für das moderne Cupping bestehen häufig aus Silikon, während beim klassischen Schröpfen Glasglocken verwendet werden. Silikoncups bieten den Vorteil der einfachen und selbstständigen Anwendung, sind flexibel, langlebig und leicht zu reinigen. Es ist jedoch wichtig, auf Recycelbarkeit und Biokompatibilität zu achten, da Silikon schwer abgebaut werden kann. (1), (3), (4)
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Die verschiedenen Anwendungsformen der Saugglocke
Im therapeutischen Bereich unterscheiden sich drei verschiedene Schröpf-Methoden, bei denen die Saugglocken in verschiedener Weise genutzt werden.
- Beim trockenen Schröpfen werden die Schropfköpfe auf die Haut gesetzt und ein Vakuum erzeugt. Der dabei entstehende Unterdruck soll den Blutfluss inklusive der Lymphflüssigkeit anregen und die lokale Durchblutung der Haut und Muskulatur aktivieren.
- Beim blutigen Schröpfen werden die Saugglocken auf die zuvor eingeritzte Haut gesetzt, sodass Blut aus dem gestauten Gewebeareal austreten kann. Diese Anwendung soll dazu führen, dass Schadstoffe ausgeleitet werden und das Blut verdünnt wird, sodass es besser fließen kann.
- Im Rahmen einer Schröpfmassage wird die Saugglocke so lange über die zuvor eingeölte Haut gezogen, bis sie sich rötet. Diese Art der Massage soll dazu dienen, die Durchblutung im Körper zu fördern. (2)
Da nach der Behandlung mit Saugglocken kreisrunde Blutergüsse zurückbleiben und diese Areale sehr empfindlich sind, sollte bis zu vier Stunden nach der Anwendung nicht geduscht werden. Bei der Folgebehandlung sollten die Saugglocken darüber hinaus nicht an der gleichen Stelle platziert werden, um Schädigungen der Haut zu vermeiden. (1)
Von diesem therapeutischen Einsatz ist eine Geburt per Saugglocke klar abzugrenzen. Dabei wird das Kind mithilfe einer speziellen Saugglocke auf die Welt gebracht, indem diese am Hinterkopf des Babys angebracht wird. Dabei werden Saugglocken aus Metall und Silikon unterschieden. (6)
Indikationen für eine Saugglocken-Behandlung
Die Saugglocken-Behandlung wird in der Alternativmedizin und traditionellen Heilkunde für verschiedene Indikationen eingesetzt. Häufige Indikationen sind:
- Muskelverspannungen und Myogelosen: Saugglocken können erfolgreich zur Linderung von Muskelverspannungen und Myogelosen eingesetzt werden, insbesondere in Bereichen mit verhärtetem Gewebe.
- Rückenschmerzen: Menschen mit unspezifischen Rückenproblemen können von einer Saugglocken-Behandlung profitieren, da sie die Durchblutung fördert und Muskelverspannungen lösen kann.
- Kopfschmerzen und Migräne: Saugglocken können auf den Schulter- und Nackenbereich angewendet werden, um Spannungen zu reduzieren, die häufig mit Kopfschmerzen und Migräne in Verbindung stehen.
- Sportverletzungen: Bei Sportlern kann das Schröpfen zur Unterstützung der Regeneration und Linderung von Muskelverletzungen wie Zerrungen oder Prellungen eingesetzt werden.
- Atemwegsprobleme: Saugglocken können auf dem Rücken angewendet werden, um die Atemmuskulatur zu unterstützen und die Atemwegsdurchgängigkeit zu verbessern.
- Stress und Entspannung: Das Schröpfen kann als entspannende Maßnahme bei Stress dienen, indem es den Körper in einen Zustand der Entspannung versetzt.
- Cellulite: In der ästhetischen Anwendung wird das Saugglockenverfahren manchmal zur Verbesserung des Hautbildes bei Cellulite eingesetzt.
- Verdauungsbeschwerden: Durch das Schröpfen im Bauchbereich können positive Effekte auf die Durchblutung und möglicherweise auf das Verdauungssystem erzielt werden.
- Immunsystemschwäche: Einige Anwendungen des Schröpfens zielen darauf ab, das Immunsystem zu stärken und die allgemeine Widerstandsfähigkeit des Körpers zu verbessern.
- Menstruationsbeschwerden: Menschen mit Menstruationsbeschwerden können von einer gezielten Anwendung von Saugglocken im Unterleibs- und Rückenbereich profitieren.
Es ist ratsam, dass die Saugglocken-Behandlung von erfahrenem und qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt wird, um die individuellen Bedürfnisse und Kontraindikationen des Patienten angemessen zu berücksichtigen. (1), (3), (5)
Kontraindikationen für eine Behandlung mit der Saugglocke
Behandlungen mit einer Saugglocke können in bestimmten Situationen kontraindiziert sein:
- Schwangerschaft: Bei schwangeren Frauen sollte besondere Vorsicht walten, insbesondere im Bauch- und Lendenbereich. Es ist ratsam, vor der Anwendung von Saugglocken Rücksprache mit einem Arzt oder einer Heilpraktikerin zu halten.
- Hauterkrankungen: Personen mit Hauterkrankungen wie Ekzemen, Dermatitis, offenen Wunden oder Hautinfektionen sollten von der Schröpftherapie absehen. Das Ansaugen der Haut durch die Saugglocke kann zu Irritationen führen und die Hautprobleme verschlimmern.
- Blutgerinnungsstörungen: Menschen mit Blutgerinnungsstörungen oder Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten sollten auf das Schröpfen verzichten, da dies zu unerwünschten Blutungen führen kann.
- Schwere Kreislaufprobleme: Personen mit schweren Kreislaufproblemen, niedrigem oder instabilem Blutdruck sollten vorsichtig sein oder das Schröpfen unterlassen, da es den Kreislauf zusätzlich beeinflussen könnte.
- Schwere Herzprobleme: Bei schweren Herzproblemen, insbesondere instabiler Angina pectoris oder Herzinsuffizienz, sollte auf das Schröpfen verzichtet werden, da es den Herzrhythmus beeinflussen kann.
- Niereninsuffizienz: Bei Personen mit Niereninsuffizienz ist Vorsicht geboten, da das Schröpfen den Wasserhaushalt im Körper beeinflussen kann.
- Akute Erkrankungen: Bei akuten Infektionen, Fieber oder Grippe ist es ratsam, das Schröpfen zu verschieben, um den Körper nicht zusätzlich zu belasten.
- Neigung zu Hämatomen oder Keloidbildung: Menschen, die zu leichter Bildung von Hämatomen oder Keloiden neigen, sollten vorsichtig sein, da das Saugglockenverfahren das Risiko von Blutergüssen erhöhen kann.
- Psychische Erkrankungen: Personen mit psychischen Erkrankungen oder starkem Unbehagen gegenüber der Schröpftherapie sollten Rücksprache mit einem Facharzt oder Therapeuten halten, da die Behandlung psychische Belastungen verstärken könnte.
Es ist entscheidend, dass vor der Anwendung von Saugglocken eine gründliche Beratung mit einem qualifizierten Gesundheitsdienstleister erfolgt, um individuelle Gesundheitszustände und mögliche Kontraindikationen zu berücksichtigen. (3), (5)
Wirkungsweise
Es ist wichtig zu betonen, dass viele der behaupteten Wirkungen des Schröpfens nicht ausreichend durch wissenschaftliche Studien gestützt werden. Einige Studien haben positive Effekte bei bestimmten Anwendungen gezeigt, während andere keine signifikanten Unterschiede festgestellt haben. Zudem kann der Placebo-Effekt eine Rolle spielen, da allein der Glaube an die Wirksamkeit einer Behandlung positive Effekte auslösen kann.
Bevor man sich für eine Schröpfbehandlung entscheidet, ist es ratsam, mit einem qualifizierten Gesundheitsdienstleister zu sprechen und individuelle gesundheitliche Bedingungen zu berücksichtigen. Außerdem ist es wichtig zu beachten, dass Schröpfen nicht für jeden geeignet ist und bei bestimmten Kontraindikationen unbedingt vermieden werden sollte.
Quellenverzeichnis
- Apotheken Umschau: Schröpfen: Was die Methode bewirkt, https://www.apotheken-umschau.de/therapie/therapiearten/schroepfen-was-die-methode-bewirkt-709829.html, abgerufen am 21.02.2024.
- Zentrum der Gesundheit: Schröpfen: Ein Ausleitungsverfahren, https://www.zentrum-der-gesundheit.de/bibliothek/naturheilkunde/behandlungsformen/schroepfen, abgerufen am 21.02.2024.
- Wikipedia: Schröpfen, https://de.wikipedia.org/wiki/Schr%C3%B6pfen, abgerufen am 21.02.2024.
- Utopia: Cupping: So funktioniert die Faszienmassage, https://utopia.de/ratgeber/cupping-so-funktioniert-die-faszienmassage_260322, abgerufen am 21.02.2024.
- Fitbook: Was bringt Cupping für die Gesundheit?, https://www.fitbook.de/gesundheit/schroepfen-und-cupping-gesundheit, abgerufen am 21.02.2024.
- Onmeda.de: Saugglocke & Zangengeburt, https://www.onmeda.de/gesundheit/geburt/saugglocke-id200944/, abgerufen am 21.02.2024.